attempto! 1/96 Topthema
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Doch wirft diese Ablösung Fragen und Probleme auf, die weit in das künftige Selbstverständnis der Medizin wie der Gesamtuniversität hineingreifen.Was wäre die Medizin ohne die Universität, die Universität ohne Medizin? Die Hochschulmedizin war und ist wesentlich beteiligt an der Herausbildung des humanwissenschaftlich geprägten Weltbildes, das auf Vernunft und moralische Erkenntnis baut. Im derzeitigen Trend zum technologischen Weltbild, das um den Grundsatz der Machbarkeit kreist, könnte der Weg der Medizin zu einem Indikator für unsere gesellschafts- und kulturpolitische Zukunft werden. Wohin sich die Hochschulmedizin letztlich wendet, hängt jedoch von der Beantwortung ganz konkreter Fragen ab.
Wie und wo werden Ärzte künftig ausgebildet? Wie bringt die Medizin die modernen ökonomischen, systematischen und ethischen Anforderungen unter einen Hut? Wird der Zusammenhang der medizinischen mit der naturwissenschaftlichen Forschung durch neue Entwicklungen gefährdet oder im Gegenteil gestärkt? Wie kann sich eine wissenschaftsgeprägte Medizinische Fakultät gegenüber einer wirtschaftsgeprägten Klinik verhalten? Gibt es Vorteile der Fakultätsführung durch einen Vorstand gegenüber einem beschließenden Gremium Fakultätsrat?
attempto bietet den Leserinnen und Lesern Hintergrundinformationen zu diesem Fragenkomplex, die sie in der aktuellen Berichterstattung so nicht bekommen. Professoren der Universität Tübingen, Politiker und Journalisten äußern sich hier zur Zukunft der Hochschulmedizin. Sie diskutieren Modelle der Umstrukturierung, hinterfragen den politischen wie wissenschaftlichen Sinn, wägen Chancen und Gefahren ab.
Der Jurist Wolfgang Zöllner nimmt die Begründungen für die Reform unter die Lupe und plädiert für die Einheit der Universität. Universitätskanzler Georg Sandberger und der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner stellen verschiedene Möglichkeiten im Dreiecksverhältnis Kliniken, Medizinische Fakultät, Universität unter juristischen und politischen Gesichtspunkten vor. Der Kliniker Eberhart Zrenner und der Biologe Hans-Ulrich Schnitzler diskutieren die Notwendigkeit und Schwierigkeit medizinisch-naturwissenschaftlicher Zusammenarbeit. Der Studiendekan der Medizinischen Fakultät Heinz-Dieter Wehner fordert eine modernisierte, straffere Ärzteausbildung ein, Gesundheitssystemforscher Michael Arnold die Vermittlung von Managementkompetenzen. Der Philosoph Otfried Höffe zeigt die Notwendigkeit einer humanwissenschaftlichen Verankerung der Medizin anhand der Ethik-'Nachfrage'.
Die Wissenschaftsjournalisten Gero von Boehm, Harald Bräutigam, Rainer Flöhl und Jürgen Nakott nehmen Stellung zu Defiziten und Reformbedarf der Hochschulmedizin.
attempto wünscht Ihnen eine spannende Lektüre.
Presse MAIL (michael.seifert@uni-tuebingen.de)
Presseamts-Info@www.uni-tuebingen.de(dezelski@uni-tuebingen.de) - Stand: 17.10.96 Copyright